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Abstandsunterschreitung

Der von Fahrzeug zu Fahrzeug einzuhaltende Abstand ist in § 4 StVO geregelt.

Der Abstand muß so groß sein, dass auch bei plötzlichem Abbremsen ein Anhalten möglich ist.

Als Sicherheitsabstand gilt die Strecke, die das Fahrzeit von 1,5 sec zurücklegt und als Anhaltspunkt kann man den halben Tachoabstand in Metern nehmen.

Als gefährdender Abstand gilt die Strecke, die das Fahrzeug in 0,8 sec zurücklegt.

Für Fahrzeuge mit besonderen Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Zügen mit einer Länge über 7m ist normiert, dass der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug außerorts so groß sein muß, daß ein überholendes Fahrzeug einscheren kann. Dies gilt nicht, wenn zum Überholen mit rechtzeitiger Ankündigung der Absicht ausgeschert wird, mehrere Fahrstreifen in einer Richtung vorhanden sind oder ein Überholverbot besteht.

Bei LKW über 3,5 to Gesamtmasse oder Bussen muß der Abstand bei einer Geschwindigkeit über 50 km/h mindestens 50m betragen.

 

Abstandsunterschreitungen werden je nach gefahrener Geschwindigkeit und fehlendem Abstand im Bußgeldkatalog unterschiedlich geahndet, da Abstandsunterschreitungen Hauptunfallursache sind.

 

Relevant ist jedoch ebenfalls die Dauer der Unterschreitung. Es darf keine nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung sein. Gewisse Schwankungen des Abstandes sind verkehrsnormal. Es darf keine nicht nur ganz vorübergehende Unterschreitung vorliegen. Nach einem Beschluss des OLG Hamm (NZV 13, 656; NZV 13, 203) soll aber bereits eine Dauer von 3sec bzw. 140 ausreichend sein, wobei jedoch das Fahrverhalten im Fernbereich (bis 350m) auch zu berücksichtigen ist.

 

Es darf im Fernbereich zu keinen Fahrmanövern gekommen sein, die für den Abstandsverstoß kausal waren.

 

Diese sind

  • Kein relevanter Fahrstreifenwechsel, der zu einer Abstandsunterschreitung führte
  • Kein Abbremsen des vorausfahrenden Fahrzeuges
  • Keine Absicht des Betroffenen zur Abstandsvergrößerung

 

Dann darf die Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend gewesen sein (OLG Hamm ZfS 15, 711; OLG Rostock NZV 15, 405).

 

Gerade der Fernbereich kann der Verteidigung Ansatzpunkte bieten. Hier ist es wichtig, dass das komplette Bildmaterial angefordert wird, nicht nur das Video des Meßbereichs. Erst aus dem kompletten Bildmaterial ergibt sich, wie er zu der Abstandsunterschreitung kam. Gerade hier sind einige Abstandsmessung angreifbar, da die Möglichkeit der Überwachung des Bereiches vor dem Meßpunkt (Beobachtungsbereich) nicht mehr gegeben ist oder zwar möglich ist, jedoch geräteseits nicht genutzt wird (Vidit VKS).

Ebenso ist zu beachten, dass im Beobachtungsbereich (150m – 350m) vor dem Meßpunkt keine Abstands- und Geschwindigkeitsmessung vorgenommen wird. Das Verhalten in diesem Bereich wird entweder durch den Meßbeamten lediglich beobachtet oder das Video  später angeschaut. Es ist jedoch dem Menschen nicht möglich, Abstandsveränderungen unter 25% in der Entfernung wahrzunehmen. Dennoch ist es zur Tatbestandserfüllung nicht notwendig, dass der Abstand gänzlich unverändert bleibt. Bei Videoaufzeichnungen ist auch darauf zu achten, dass durch die Brennweite und das Objektiv die wahren Verhältnisse geändert werden.

Häufiger als bei der eigentlichen Messung sind die Bußgeldbescheide im Bezug auf die Kausalität angreifbar.

  • Der Standort des Meßgerätes muß so ausgewählt sein, dass er eine faire Abstandsüberwachung erlaubt. Dies ist zum Beispiel nicht gegeben, wenn mit einem Rückstau zu rechnen ist (vor Autobahnkreuz, Steigungsstrecken), vor und nach Auffahrten.
  • Der Fernbereich (Tatortkamera) muß für den Meßbeamten einsehbar sein.
  • Entscheidende Fahrabläufe bleiben unbemerkt. Das Selekt-Modul prüft nur, ob im markierten Meßbereich die Kriterien zur Fallaufzeichnung erfüllt sind. Der Meßbeamte prüft meist auch nur den Meßbereich und nicht das Vorfeld. Hier ist es Sache des Verteidigers / Gutachters genau zu prüfen, ob im Vorfeldbereich die Ursache für die Anstandsunterschreitung gesetzt wurde. Meist wird nicht erkannt, dass der Beschuldigte seinen Abstand versucht hat zu vergrößern, was jedoch beispielsweise bei Kolonnenfahren schwierig ist (Ziehharmonikaeffekt).
  • Das Auswertepersonal kann auch Verkehrsabläufe falsch einschätzen. Die ermittelte Geschwindigkeit ist eine Durchschnittsgeschwindigkeit. Vom Meßgerät werden Schwankungen nicht erfaßt. Ein LKW fährt beispielswiese zum Überholen an den vorausfahrenden dichter heran. Dies ist nicht unbedingt im Meßbereich erkennbar. Aber auch Aufnahmen bei schlechter Witterung können zu Fehleinschätzungen führen.

 

Besonders bei Abstandsunterschreitungungen durch LKW spielt der Fernbereich eine Rolle, da die Abstandsunterschreitung im Nahbereich häufig ihre Ursache im Fernbereich hat.

 

Die gängigsten Meßverfahren zur Ermittlung von Abstandsunterschreitungen sind:

 

  • Brückenmeßverfahren
  • Videoabstandsmeßverfahren (VAMA, VKS 3.0)
  • Police-Pilot-System
  • Messung ohne technisches Gerät (Hinterherfahren, Vorausfahren)

 

Die Meßgeräte werden in der Abhandlung genauer beschrieben und mögliche Fehlerquellen aufgezeigt.

 

Meßgeräte und Meßfehler
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